Corona gibt uns einen Stoß ins Herz, aber auch einen Denkanstoß (1)

Seit dem 16.03., dem Tag, an dem Bund und Länder Leitlinien zum einheitlichen Vorgehen angesichts der Corona-Pandemie in Deutschland vereinbart haben, zeigen sich einschneidende Beschränkungen in unserem Alltag. Ich halte mich an die Regelungen, nicht nur, weil der Staat mir das sagt, sondern auch „intrinsisch“, wie Experten das so schön sagen. Nun gut, das ist die Seite der technischen Maßnahmenergreifung, um die Corona-Epidemie einzudämmen. Aber wie nehme ich als eine normale Bürgerin persönlich die Lage wahr? Was macht mir Sorgen und Hoffnung?

Als Laie kann ich weder wissenschaftlich noch als betroffene beurteilen, wie schwer die derzeitige Krise ist. Was ich aber sagen kann und will, ist, wie ich anhand der Nachrichten über verschiedene Kanäle, die man von Zuhause aus erreichen kann, die Lage wahrnehme.

Die Corona-Krise führt uns vor Augen, wie zerbrechlich wir Menschen sind. Als eine Buddhistin sage ich zu mir selbst oft, dass wir Menschen von Natur aus sowieso zerbrechlich sind. Denn jeder von uns wird nach dem wahren Lebenskreislauf „Geburt-Alterung-Krankheit-Tod“ irgendwann diese Welt verlassen. Warum also Panik vor dem neuartigen Coronavirus, der gerechnet nach der ersten offiziellen Meldung in China nur ein paar Monate alt ist? Es gab zuvor und gibt aktuell auch andere Ereignisse, die uns immer wieder zeigen, dass wir handeln müssen, wie zum Beispiel der immer und immer wieder heiß diskutierte Klimaschutz, aber eben nur heiß diskutiert. Warum macht der Coronavirus uns heißer? Warum bewegt der Virus uns zu unbequemen Aktionen, während die Klimakatastrophe, deren Auswirkungen viel vernichtender sein werden, dies nicht vermag? Ist es, da diese Erde so wunderschön ist und uns vielmehr gibt, als wir wahrhaben wollen, nicht unsere Aufgabe, diese Erde mit verantwortungsvollem Handeln der nächsten Generation zu hinterlassen?

Die Corona-Krise ist ganz anders, eben anders, wie ich in den Nachrichten und im eingeschränkten Alltag sehe. Hat jemals jemand erlebt, wie der gleiche „Feind“ auf einmal die ganze Welt in die Zange nimmt, und zwar gleichermaßen, Ost und West, Nord und Süd, reich und arm, alt und jung? Hat jemals jemand miterlebt und gesehen, dass sich einzelne Länder fast vollständig abschotten? Abgesehen von Nord-Korea natürlich.

Der Coronavirus macht uns Angst, weil er uns unsicher macht. Das Unbekannte macht uns Angst. Und gegen dieses Unbekannte haben wir noch kein medizinisches Gegenmittel, was uns noch mehr Sorgen macht. Mit den ergriffenen Maßnahmen soll die Epidemie verlangsamt werden. Positive Tendenzen sind in den letzten Tagen zwar zu verzeichnen. Von einer Entwarnung ist jedoch noch lange keine Rede. Die Unsicherheit bleibt.

In dieser Unsicherheit, in dieser Angst suchen wir instinktiv oder innerlich nach einer anderen Leitschnur bzw. einer Führung, während die Naturwissenschaft sie uns noch nicht bieten kann. Diese Leitschnur, diese Führung habe ich persönlich in der #Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Anfang der Corona-Krise noch zögerlich war, gefunden. Bei ihren häufigen Auftritten in letzter Zeit behaupte ich bei der Führung von Frau Merkel deutsche Werte zu erkennen, die wiederum diese Führung ausmachen.

Diese persönliche Erkenntnis geben mir die Gelegenheit, Revue passieren zu lassen, was ich, eine studentische Migrantin, die vor fast 25 Jahren nach Deutschland kam, im Laufe diese Jahre erlebt habe: Ich habe den Wandel in der Gesellschaft auf der bürgerlichen und alltäglichen Ebene miterlebt. Ich habe in Lehrbüchern und im wahren Leben, mehr oder weniger, miterlebt, was Deutschland vorangetrieben hat. Dieses „was“ sollen die deutschen Tugenden bzw. deutsche Werte gewesen sein. Ich sage dies vorsichtig, denn manche würden sie nicht mehr für zeitgemäß oder unmodern halten oder gar allergisch darauf reagieren. Aber als eine Schülerin „der deutschen Schule“ erlaube ich es mir. Deutsche Werte mögen im Laufe der Zeit verblasst sein. Sie waren aber nie weg, sie sind immer noch da, man muss sie nur aufrufen wollen. Deutsche Werte, die ich bei der Führung von Frau Merkel, aber nicht in übergespieltem Maße, erkenne, sind nämlich Aufrichtigkeit, Pflichtbewusstsein, Gerechtigkeitssinn, Ehrlichkeit, Höflichkeit, Fleiß und Disziplin, Ordnung und Toleranz. Für mich ist die Führung von Frau Merkel, geprägt mit den oben genannten Werten, nicht nur eine politische Haltung, sondern ein Signal an die gesamte Gesellschaft und an die nächste Generation, dass die qualitative Aufrechterhaltung einer Nation, einer Gesellschaft nur durch die Praxis solcher Werte möglich ist. Menschen der älteren Generation, die beim Wiederaufbau des Landes nach dem zweiten Weltkrieg zur starken Wirtschaftsnation dabei waren, würden sich nicht wundern, da sie mit diesen Werten dieses wunderbare Deutschland mitgeprägt haben. Solche Werte können heute manchen Bürgern aus anderen Ländern und sogar jüngeren Menschen ohne Migrationshintergrund fremd sein.

Wir Ausländer kommen hierher mit anderen Werten, manche sind zwar wahrscheinlich ähnlich, aber vielleicht in anderer Ausprägung. Wir dürfen in diesem Land mit unseren eigenen Werten weiterleben. Ich vertrete die Meinung, dass dies vereinbar ist: Die Wahrung eigener Werte, eigener Kultur stärkt das Bewusstsein sowie die Wertschätzung anderer Kulturen und anderer Werte. Eigene und andere Werte können sich einander ergänzen. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass wir auch verpflichtet sind, einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Nation zu leisten, indem wir z.B. hiesige Werte selbst praktizieren und an die nächste Generation vermitteln, um dieses Deutschland als wunderbares Land für uns, für die nächste Generation, für Menschen in Not, zu erhalten. Wir müssen also für die Erbringung unseres Beitrags unsere Identität nicht aufgeben. Dies betrifft nicht nur Bürger mit Migrationshintergrund, sondern auch jüngere Menschen, für die die ältere Generation dieses Land mit deutschen Werten wieder aufgebaut hat.

Ich mache mir keine Sorgen, dass der Staat uns, in guten und schlechten Tagen, alleine lässt, solange wir ihn nicht im Stich lassen. Er bemüht sich für uns, weil wir selbst der Staat sind. Die Qualität der Bürger zeigt die Qualität des Staates und umgekehrt.

Ich gestatte mir die Führung der Bundeskanzlerin auf die globale Leinwand zu projizieren: Wir brauchen Gemeinsinn nicht nur zuhause, sondern auch in der ganzen Welt, damit wir in aller Freundschaft miteinander zusammenleben können. Die Spannung auf der Welt hat mehr oder weniger wirtschaftliche Wurzeln. Das Miteinander auf der globalen Ebene ist mitunter recht aggressiv. Der Führungsstil der Bundeskanzlerin gibt mir aber Hoffnung, dass das weltgemeinschaftliche Miteinander auf Hilfsbereitschaft, Zurückhaltung, Rücksicht, Respekt und Contenance basieren kann, ohne die jeweils Anderen kleinzuhalten, zu erniedrigen, ohne einander zu bekriegen, sondern einander zu bereichern.

Mit meiner persönlichen Erkenntnis wollte ich niemand ermahnen oder belehren, Frau Merkel als Beispiel zu nehmen, was meiner Meinung nach durchaus zu empfehlen ist, sondern als Inspiration, als Denkanstoß, diese Werte, die irgendwo drinnen bei uns tief liegen, aufzurufen, daraus das Beste zu machen, und an die nächste Generation weitergeben.


Photo: buergerdialog.gut-leben-in-deutschland.de